Mittwoch, 11. November 2009

Gedankenkolumne zum Kongo ( von Marinella Charlotte van ten Haarlen)

Heute, am Morgen, telefonierte ich. Wegen des zweiten Teils meines Buches „Heimweh nach Bakwanga“, “Heimkehr nach Mubuji- Mayi", mit einem Mitarbeiter des UNHCR. Dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen.
Ich bewundere diese Leute, weil sie mit eleganter Ruhe, unglaublichem Sachverstand zwischen den multiplen Fronten in Kivu agieren müssen. Nicht nur da. Aber mir geht es um Kivu, um die Menschen, die dort leben. Mir geht es darum, mit meinen begrenzten Mitteln als einzelner Mensch, etwas zu tun.
Einfach aus, ja die Kirche würde es Nächstenliebe nennen. Ein schönes, ein wundervolles gepredigtes Wort, das leider den Anforderungen der Situation im Ostkongo, nicht mehr gerecht wird. Werden kann.
Diese Fronten gibt es, weil es in Kivu Coltan, Diamanten und Gold gibt. Andere Rohstoffe, mit denen unsere profitable Welt genährt wird. Der Kurs steigt. Na endlich, denke ich, geht die "Finanzkrise" vorbei.
Fragt sich eigentlich mal jemand, wie sich ein Mädchen, eine Frau fühlt, die verschleppt wird, vergewaltigt oder gar gefoltert wird. Kann man sich die Schmerzen vorstellen.
Die Männer unter meiner Leserschaft sollen nicht sagen, sie wüssten das nicht, erahnten es nicht-. Schmerzen sind für alle Menschen gleich. So gleich, wie wir alle sein sollten. Egal, ob es psychische oder physische Schmerzen sind.
Aber auch nach so vielen Jahren stehen sich noch unversöhnlich die Fronten gegenüber. Wahrscheinlich kann niemand den wirklichen Gegner so richtig ausmachen. Nun es wird gegen Vize Bemba ermittelt, verhandelt. Das ist gut so. Aber was können wir alle für die gequälten Menschen dort tun? Frage ich mich immer wieder. Kriegsfürst Nkunda wird mit juristischen Konsequenzen zu rechnen haben. Dank der UNO.

Reicht es, an das Panzihospital nach Bukavu zur Beruhigung des eigenen Gewissens, Medikamenten zu senden?
Nein, das reicht nicht! Dachte ich, nachdem ich den Hörer aufgelegt hatte. Da alle Menschen die Vereinten Nationen sind, müssen wir Präsens zeigen. Die Soldaten der UNO tun dies seit Jahren, seit Jahrzehnten. Unter Einsatz ihres Lebens.
Noch mal, alles fing an, als die belgischen Kolonialtruppen gehen mussten. Als Lumumba gewählt wurde. Dieser kleine, pfiffige Postbeamte, der ein schmerzender Dorn in dem Streben der multinationalen Konzerne war. Aber das war nicht letzte Woche, vergangenen Freitag oder so. Sondern, man glaubt es fast gar nicht, es war im Jahr 1960. Nächstes Jahr ist das 50 Jahre her. Und es wird immer noch gestorben. Jeden Tag, jede Minute, sinnlos, grausam, wie zuvor geschildert.
Lumumba wurde ermordet, einfach so . Der gewählte Ministerpräsident eines souveränen Landes. Er hätte ja das damalig kommunistische Moskau zur Hilfe rufen können, war die Begründung derer, die ihn töteten. Exekutierten, bei einer Jagdhütte, glaubt man das, was historisch überliefert ist.Allein von den Tätern.
Vorher durfte er, der Ministerpräsident des Kongos, der gewählte Vertreter eines Volkes, bespuckt, geschlagen und beschimpft werden. Was aber nach der Hinrichtung geschah, ist der Ausdruck derer, die sich an dem kongolesischen Volk regelrecht vergingen. Jahre danach, als der genehme Mobutu und sein Clan an die Macht kam.
Lumumba fand nach der Exekution keine Ruhe, er wurde ausgegraben. Wie verendetes Vieh, das man verscharrte, wegen ja, ja weswegen eigentlich? Lumumba wurde in eilens angelieferter Säure aufgelöst, endgültig. Es sollte kein physisches Zeugnis mehr geben, von diesem Mann. So sehr fürchteten sich die ganz Großen dieser Welt. Damals.
Mein Gott und dann, es blieben Fragmente von ihm. Glaubt man dem pensionierten belgischen Offizier, der diese Teile, kamerabewusst, vor einigen Jahren auspackte, wie einen Gegenstand. Wie verroht muss diese Welt sein, wie, in sich kaputt?
Später las ich in irgendeinem Nachrichtenforum, dass der Mayakalender 2012 endet, ein Film über den Untergang der Erde im Kino gezeigt wird. In Kivu braucht man solche Filme wahrscheinlich nicht, dort ist Erde bereits untergegangen, vor vielen Jahren, aber da darüber redet kaum jemand . In der Welt.
Ich denke heute Abend an die Frauen, an die Mädchen, die vor dem Panzihospital in Bukavu, Hilfe suchen, bei Dr. Mugwege.
Ich habe mir seit langer Zeit vorgenommen, Bukavu zu besuchen. Gleich, was andere denken,über Afrika.Oder über eine einzelne Person, die dahin reist.
Ihn, diesen tapferen Arzt zu besuchen, alleine nur, um durch meine Präsens zu zeigen, das wir alle für einander da sind, eben die Vereinten Nationen sind.
Dass es die Organisation gibt, ist eine der besten Ideen der Menschheit bis hierhin gewesen. Achtung denen, die ihr dienen.

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